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Arbeit muss nicht geschaffen werden

Alle rufen nach mehr Arbeitsplätzen. Jeder, der etwas auf sich hält, brüstet sich damit, Arbeitsplätze zu schaffen. Götz Werner hat dazu einmal gesagt“ Arbeit muss nicht geschaffen werden, Arbeit muss erledigt werden“.

Bei dieser Forderung nach Arbeitsplätzen gehen zwei Dinge durcheinander. Zum einen müssen die Produkte, die wir konsumieren möchten, selbstverständlich hergestellt werden. Dies geschieht durch Arbeit, auf „Arbeitsplätzen“. Dass alle diese Dinge erst durch menschliche Arbeit hergestellt werden müssen, ist eher notwendiges Übel als anzustrebendes Ziel. Deshalb versuchen sich die Menschen schon seit Jahrhunderten immer erfolgreicher um diese Arbeit zu drücken. Sie steigern die Effizienz der Produktion immer weiter. Um einen Kühlschrank herzustellen brauchte man 1960 noch 300 Arbeitsstunden, heute nur noch 24 Stunden (a).

Die andere Seite der Forderung ist die, dass jeder die Möglichkeit haben muss, am gegenseitigen Leistungsaustausch teilzuhaben. Dazu müssen aber nicht neue Arbeitsplätze geschaffen werden, im Sinne von neuer Arbeit. Dazu müssen Vereinbarungen getroffen werden, die keinen ausschließen.

Entscheidend ist nicht die Zahl der Arbeitsplätze, sondern das, was hinten herauskommt. Je weniger Arbeit dazu erforderlich ist, umso besser. Man kann ja durchaus verlangen, dass es mehr Produkte und Dienste geben soll, wenn dafür ein Bedarf ist. Meistens werden hierzu neue Arbeitsplätze erforderlich sein. Die Sache aber umzudrehen, und Arbeitsplätze zu verlangen, ohne dass es einen Bedarf an Produkten gibt, macht keinen Sinn. Durch ständige Berieselung mit dem Arbeitsplatzargument bemerken wir das nur nicht mehr.

Beispiel: Im Zuge der Diskussion um den Atomausstieg brüsten sich die Anbieter erneuerbarer Energien damit, dass sie Arbeitsplätze schaffen. Dies ist aber doch kein Vorteil, es ist ein Nachteil. Vielleicht der einzige Nachteil, aber es wäre doch noch viel besser, wenn die Energie ganz ohne menschliches Zutun käme! Die betreffenden Firmen wissen das, und rationalisieren zum Glück deshalb auch immer weiter. Nach außen hin aber müssen sie die „Arbeitsplatzfahne“ hochhalten.

Ebenfalls im Zuge der Diskussion um den Atomausstieg mahnen Betriebsräte der großen Stromkonzerne: „Der Ausstieg darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgen“. Also eine völlige Umdrehung der Realitäten. Die Beschäftigten sind nicht dazu da, um für uns den Strom zu produzieren den wir haben wollen. Nein, wir müssen den Strom beziehen, damit es den Beschäftigten gut geht. Im Hintergrund steht die unter heutigen Verhältnissen berechtigte Sorge, dass die bisher Beschäftigten dann ganz aus dem Leistungsaustausch heraus genommen werden.

Wer würde eine Putzhilfe für sich zu Hause anstellen und nachher damit prahlen: „Seit diese Putzhilfe für mich arbeitet, habe ich viel mehr im Haus zu tun. Vorher reichte eine Stunde am Tag, nun aber erzeugt die Reinigungskraft so viel Arbeit, dass ich gottseidank jeden Tag eine Stunde früher aufstehen muss, um die Hausarbeit zu schaffen.“ Wunderliche Redensarten? Nach der Öffnung von Arbeitsmarktgrenzen in Europa hieß es sinngemäß: „Ja, es kommen nun viele ausländische Arbeiter. Aber indirekt schaffen diese hier viel mehr Arbeitsplätze, als sie uns wegnehmen!“

(a) Handelsblatt, 24.3.2008. „Kaufkraft der Lohnminute“. Vereinfachend wird angenommen, dass die Lohnminute auch der Arbeitsminute entspricht.

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