Mosmann entwickelt in diesem Büchlein die Impulse weiter, die hinter Demokratie und der freien Marktwirtschaft stehen.
Wesentliche Triebfeder für den Wunsch nach Demokratie und Marktwirtschaft ist die Emanzipation des Menschen. Der moderne Mensch will selbstbestimmt und selbstbewusst handeln. Er will nicht mehr von Eliten beherrscht werden, sondern sein eigenes Leben selbst gestalten und die Gesellschaft verantwortlich mitprägen.
Als Ideale werden oft die Demokratie und der freie Markt gesehen, wo jeder mitreden kann und jeder machen kann, was er will. Mosmann führt sehr scharfsinnig und fundiert aus, dass dies eine Täuschung sei. Ein falsches Verständnis von Demokratie und Wirtschaft führe eben genau nicht zu der Befreiung des Menschens, sondern zur Beibehaltung elitären Machtstrukturen, die nur ihr Gewand ändern.
Beispiel Demokratie: Der Bürger hat bestimmte Wünsche und Impulse. Per Abstimmung sollen diese zu Gesetzen führen, die alles im Sinne des Wählers regeln. Indess: Der Staat ist ja grundsätzlich gar nicht in der Lage, sachgrechte Gesetze zu machen. Seine Legitimation stützt sich auf Mehrheiten, nicht auf Kenntnissen. Schon gar nicht die Kenntnis von konkreten Situationen. Also muss der Staat unweigerlich Experten hinzuziehen, die sich bald als Lobbyisten entpuppen und die Gesetze in ihrem Sinne schreiben. Womit der Bürger genau das nicht hat, was er ja eigentlich von der Demokratie erwartete: Selbstbewusstes und selbstbestimmtes Handeln.
Mosmann arbeitet dieses Paradoxon sehr präzise aus. Es ist kein persönliches Versagen der Politiker, es ist grundsätzliche Natur. Ebenfalls aus prinzipiellen Gründen kann aus Gesetzen unmöglich soziales Handeln entstehen. Mosamann schreibt: „Eine Gemeinschaft, welche die Demokratie mit dem sozialen Leben verwechselt und den Gang zur Wahlurne mit sozialem Handeln, dagegen das tagtägliche Tun in Beruf und Freizeit für privat hält, stellt die Wirklichkeit auf den Kopf.“
Ähnlich wird der lilberale Markt beleuchtet. Wer von der unsichtbaren Hand des Markes redet, kann es mit dem bewussten Gestalten der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ernst meinen. Und selbst wenn in einer „sozialen Marktwirtschaft“ der Staat die liberale Wirtschaft lenken und bändigen will, dann kann er das ja nur demokratisch legitimiert tun. Und ist damit wieder in dem oben beschriebenen Dilemma, dass er Fachleute hinzuziehen muss, die ihr eigenes Süppchen kochen - so kommen wir nicht zu einer Gesellschaft, in der jeder mündig agieren kann!
Mosmann zeigt in diesem Sinne eine ganze Reihe von Widersprüchen innerhalb unserer Gesellschaft. Gut, das tun andere auch. Aber seine Ausführungen sind nicht die bekannte Klagen oder Besserwissereien, sondern sehr fundierte Analysen ganz grundsätzlicher Art mit konkreten aktuellen Beispielen. Kaum zu glauben, wie viel Fundiertes und Lesenswertes hier auf nicht einmal 50 Textseiten untergebracht ist.
Mosmann bietet kein Lösungsrezept an. Er appelliert an die Mündigkeit der Bürger. Im ersten Schritt müssen diese die Unmöglichkeit erkennen, Wirtschaft und Kultur per Abstimmungen zu organisieren.
Buch:
https://www.dreigliederung.de/publish/erweiterte-demokratie
Online (erster Teil)
https://diedrei.org/files/media/hefte/2019/Heft11_2019/04-Mosmann-Demokratie-1-DD_1911.pdf